Coronapandemie: Eine Schulgeschichte mit Licht und Schatten

Liebe Schulgemeinschaft!

Schule ohne Schülerinnen und Schüler ist auch mal ganz schön. Mal, in den Sommerferien oder so. Man kann Dinge abheften und liegengebliebene Aufgaben erledigen. Sachen, für die sonst zu wenig Zeit ist. Aber ein ganzes Jahr Unterricht unter einschränkenden Bedingungen? Inzwischen fehlt uns allen die Schule als Lernort, als Treffpunkt und Gesprächsort, als Ideenschmiede …

Schule ist mehr als Unterricht! Es geht nicht darum „Stoff“ in Kinder und Jugendliche einzufüllen. Wenn das möglich wäre, ginge das vermutlich auch digital ganz unpro-blematisch. Es geht jedoch insbesondere darum, wie der Stoff den Weg in die Köpfe findet. Das Lernen geschieht in einem Umfeld. Hier muss man lernen, sich mit anderen einen gemeinsamen Raum zu teilen, Gemeinschaft zu erleben, zuzuhören, sich zu streiten, seine Meinung zu vertreten … Menschen sind unterschiedlich. Das muss man erleben, davon muss man Teil sein.

Machen Sie in Ihrer Familie ein Gedankenexperiment: Bitten Sie alle Familienmit-glieder, sich einen Stuhl vorzustellen. Am Ende beschreibt jeder seinen gedachten Stuhl. Sie werden feststellen, dass ganz unterschiedliche Stühle gedacht wurden. Trotzdem können wir uns verständigen und jeder von uns weiß, was gemeint ist, wenn wir vom Stuhl sprechen. Wir haben, wie man so schön sagt, die gleiche Wellenlänge gefunden.  

Die Schule ist der einzige Ort, an dem ganz unterschiedliche Menschen gezwungen werden, sich gegenseitig kennenzulernen und miteinander zurecht zu kommen. Das, was wir auf diese Weise in der Schule lernen, hält unsere Gesellschaft zusammen. Das fehlt uns allen. Auch die Möglichkeit, sich auszutauschen, Verständnis von Freundinnen und Freunden für den eigenen Kummer zu erfahren und auch ganz einfach mal, was Anderes zu sehen. Wir alle werden „unentspannt“ und leichter gereizt. Der Albtraum Corona soll endlich zu Ende sein!

Und trotzdem ist es richtig, sich weiterhin zu schützen und weiterhin die Zähne zusammenzubeißen und in die nächste Verlängerung zu gehen.

Wir lernen dazu! 

Vor einem Jahr haben wir erstmals digital Unterricht machen müssen. Zum Glück war gerade unser WLAN installiert worden. Zu dieser Zeit haben wir viel telefoniert und Arbeitsblätter eingescannt. Wir haben nach Wegen gesucht, den „Stoff“ zu den Lernenden zu bringen.  Nach den Osterferien 2020 haben wir erste Schritte mit „It’s learning“ unternommen. Wir alle, sie als Eltern, wir als Lehrkräfte, die Kinder und Jugendlichen sowieso, haben in kurzer Zeit viel gelernt.

Im November 2020 haben wir erstmals eine Gesamtkonferenz unter Zuhilfenahme einer Konferenzsoftware durchgeführt. Den traditionellen Informationsabend unserer Schule zum Übergang an die GyO haben die Beteiligten im Januar 2021 als erste gemeinsame Internetveranstaltung erlebt. Der Infoabend für die interessierten Grundschuleltern und ihre Kinder im Februar 2021 war schon deutlich professio-neller. Seit Donnerstag, den 11. Februar 2021, haben wir als Paula-Modersohn-Schule sogar einen eigenen YouTube-Kanal.

„Paula“ goes YouTube:

Paula-Modersohn-Schule
Der YouTube-Kanal unserer Schule.

Das hatten wir schon seit längerer Zeit vor. Jetzt haben wir es endlich geschafft. Die vielen Kinder und Jugendlichen, die mit ihren Lehrkräften Filme für den Digitalen Infoabend produziert haben, waren wichtige Antreiber. Sie alle können jetzt Abonnenten bei unserem Schulkanal werden.  

Natürlich gibt es unterschiedliche Geschwindigkeiten bei der Entwicklung, auch bei uns Lehrkräften. Wir haben inzwischen über 20 Mikrofortbildungen innerhalb unserer Schule selbstorganisiert im Angebot. Mit passgenauer gegenseitiger Beratung und Unterstützung arbeiten wir uns gemeinsam durch den digitalen Dschungel.

Ausblick, kurzfristig

Prognosen sind schwer abzugeben. Die Vorgaben, die uns erreichen, sind eher auf kurze Zeit angelegt. Wir rechnen mit einem ausgeweiteten Unterricht ab der nächsten Woche. Wir gehen bei unserer Planung bisher von Halbgruppenunterricht in Präsenz aus. Das Schulleitungsteam wird noch in dieser 7. Woche einen Eltern-brief auf den Weg bringen.

Nach wie vor bleiben wir vorsichtig. Wir planen keine Änderungen am Mund-/Nasen-schutz, am größt möglichen Abstand und an der Hygiene. Die eingerichteten Laufwege bleiben ebenso bestehen, wie die versetzten Pausenzeiten.

Wir hoffen sehr, auf diese Weise ohne weitere Quarantänemaßnahmen bis zu den Osterferien einen den Umständen angemessenen Unterricht durchführen zu können. Und wir hoffen darauf, dass wir nach Ostern langsam wieder mehr öffnen können.

Ausblick, langfristig

Es ist an der Zeit, den Blick nach vorne zu richten. Die Impfungen haben begonnen, langfristig zeichnet sich eine Rückkehr zur Normalität ab. Aber die Zeit der Corona-Pandemie wird Spuren hinterlassen. Wie können wir wieder Nähe zulassen, wo wir doch schon seit 12 Monaten täglich von Distanz sprechen? Eine Zeit, die für Kinder im Verhältnis zum Lebensalter ja noch viel länger ist als für Erwachsene. Wie können wir wieder Vertrauen zur Arbeit mit großen Gruppen in kleinen Räumen entwickeln? Wie kommen wir nach so viel Distanz mit unseren Marotten und denen der anderen zurecht?

Vielleicht wird dann der eine oder andere sagen: Zuhause war es doch am schönsten. Da hat mich keiner geärgert. Ich konnte machen, was ich will und musste nicht auf andere Rücksicht nehmen. Muss der freundliche Umgang mit anderen Menschen, der respektvolle und tolerante Umgang neu gelernt werden, oder werden wir uns erinnern? Im Präsenzunterricht gibt es keine schwarzen Kacheln, hinter denen man sich verbergen kann. (Wer schon einmal an einer Videokonferenz im Internet teilgenommen hat, weiß was gemeint ist.)

Viele offene Fragen. Eines ist aber sicher: Schule hat sich verändert. Die Kinder und Jugendlichen haben sich in diesem Jahr sehr unterschiedlich entwickelt. Manche konnten außergewöhnlich gut zuhause lernen, anderen fiel es schwer. Mehr als je zuvor muss die Institution Schule sich darauf einlassen, dass Kinder und Jugendliche unterschiedlich sind: Sie haben unterschiedliches Geschlecht, sind körperlich unter-schiedlich entwickelt, sind unterschiedlich geschickt und unterschiedlich sportlich, haben unterschiedliches Vorwissen und unterschiedliche Fähigkeiten, haben unter-schiedliche Unterstützungsmöglichkeiten in ihrem häuslichen Umfeld und vieles mehr! Mehr als je zuvor gilt: Schülerinnen und Schüler sind ganz individuelle Persön-lichkeiten, die eine Individualisierung von Lehr- und Lernprozessen unumgänglich machen.

Die Rückkehr zum Vollbetrieb, irgendwann, wird kein Selbstläufer. Aber wenn wir wieder ohne Beschränkungen unterrichten können, wird die „Paula“ als jahrgangs-übergreifende und inklusive Schule, die einen Schwerpunkt auf die Individualisierung des Unterrichts legt, gut aufgestellt sein! Wir arbeiten auch unter den Bedingungen der Pandemie kontinuierlich weiter an der Gestaltung unseres Schulgebäudes, wir verbringen Zeit damit, unsere Kenntnisse über individualisierenden Unterricht in die digitalen Lernzugänge zu übersetzen, wir pflegen unsere Kooperationen, um hoffentlich bald wieder in unseren Partnerschaften, mit unseren Freundinnen und Freunden zusammenarbeiten zu können…

Das Schulleitungsteam der „Paula“ wünscht allen Mitgliedern der Schulgemeinschaft Hoffnung und Zuversicht, Gesundheit und Glück!

Für das Schulleitungsteam

Ihr

Joachim Wolff